Geothermie und Seismizität
Seismische Ereignisse im Zusammenhang mit der Nutzung der Tiefengeothermie
Die Bewirtschaftung des tiefen Untergrunds durch die hydrothermale Geothermie kann zu Bodenerschütterungen führen, die sogenannte induzierte Seismizität. Diese spielt sich fast ausschließlich im Bereich der Mikroseismizität ab. Dies bedeutet, es handelt sich zwar wissenschaftlich betrachtet um Erdbeben, die von Messgeräten erfasst werden – aber die Erschütterungen werden in der Regel vom Menschen nicht verspürt.
Auslöser können sowohl die Druckveränderungen im Untergrund durch das Zutagefördern oder das Re-Injizieren des Themawassers als auch das Lösen durch das Zurückführen des abgekühlten Thermalwassers in den heißen Untergrund sein, was in allen Fällen zum Abbau vorhandener Gebirgsspannung führen kann.
Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Stand besteht für die Häuser im näheren Umfeld von geothermischen Förderanlagen kein höheres Risiko als dieses bei Häusern außerhalb des möglichen Einwirkungsbereichs z. B. durch Sturm, Hagel oder sonstige Gefahren bestehen kann. Auch gab es in den letzten 25 Jahren tiefengeothermischer Bewirtschaftung in der bayerischen Molasse kein einziges, dokumentiertes Schadbeben.
Da es aber, wie bei jedem Eingriff des Menschen in die Natur und jeder Art der Energieerzeugung, nie eine 100-%-ige Sicherheit geben kann, möchten wir hier informieren, wie in einem solchen Fall vorzugehen ist.
Seismisches Messnetz
Seit vielen Jahren besteht durch den bayerischen Erdbebendienst ein überregionales Netz an seismischen Messstationen. Betrieben wird dieses Netz im Auftrag des Erdbebendienstes durch die Ludwigs-Maximilians-Universität München im Geophysikalischen Observatorium Fürstenfeldbruck.
Dieses Netz ist aber relativ grob gestrickt und reicht deshalb i. d. R. nicht zur Nahbeobachtung seismischer Aktivitäten im Umfeld von Geothermieanlagen aus.
Laut Bundesberggesetz muss ein seismisches Ereignis aber eindeutig auf einen Feldinhaber und somit seiner Haftungsverantwortung zugeordnet werden können.
Zur Erfüllung dieser gesetzlichen Auflagen sowie aus Transparenzgründen der überwiegend im kommunalen Besitz befindlichen Geothermieanlagen, haben sich die Betreiber der Anlagen im Raum München 2019 dazu verpflichtet, ein erweitertes Netzwerk unter eigener Führung und Verantwortung aufzubauen. Das Messnetz wurde in den Jahren 2020 – 2022 errichtet, wird bei hinzu-kommenden neuen Anlagen sukzessive erweitert und ist auf Abb. 1 zu erkennen.
Abb. 1: Subnetz München — Erdbeben in Bayern (erdbeben-in-bayern.de)
Alle Messdaten aus diesem Messnetz stehen dem Erdbebendienst in Echtzeit und ungefiltert zur Verfügung. Sie werden auf den Internetseiten des Bayerischen Erdbebendienstes bereitgestellt (s. Abb. 2).
Abb. 2: Live Daten Station Unterschleißheim Seismogramme — Erdbeben in Bayern (erdbeben-in-bayern.de)
Das Messnetz stellt im Überwachungsgebiet eine vollständige Dokumentation aller seismischen Ereignisse ab der Magnitude MI = 1,0 gemäß der Richterskala sicher, also noch weit unterhalb der Schwelle von 2,0 – 2,5, ab der erste Erschütterungen durch den Menschen spürbar sind. Mit diesem Messnetz leisten die Geothermiebetreiber im Raum München einen großen Beitrag gegenüber der Öffentlichkeit zur Transparenz in diesem sensiblen Umfeld.
Hinweis: Die Richterskala ist eine logarithmische Skala. Das heißt, um den Sprung von der Magnitudenstufe 1,0 auf 3,0 auszulösen, bedarf es einer 1000-fachen Energie im Epizentrum.
Auch wenn in der Berichterstattung, in der Wissenschaft oder auch in der Umgangssprache schnell das Wort Erdbeben verwendet wird, handelt es sich doch in nahezu allen Fällen um Ereignisse, die vom Menschen nicht wahrgenommen werden. Keines der bislang im Umfeld von Geothermieanlagen beobachteten Beben bzw. Mikrobeben hat bisher nachweislich zu Schäden an Gebäuden geführt.
Kommunikationsregeln im Ereignisfall
Die Kommunikationshoheit gegenüber der Öffentlichkeit liegt in Absprache zwischen Betreibern und Erdbebendienst beim Erdbebendienst.
Die Zuordnung eines Ereignisses auf einen Feldinhaber und damit eine ggfls. notwendige Festlegung eines Einwirkungsbereichs der Erschütterung, obliegt der Bergbehörde basierend auf wissenschaftlichen Daten und Auswertungen des Erdbebendienstes. Auch die Aufhebung eines zuvor ggfls. präventiv definierten Einwirkungsbereichs obliegt diesen Stellen.
Es ist wichtig, dass alle Wahrnehmungsmeldungen aus der Bevölkerung ausschließlich über das Formular des Erdbebendienstes erfolgen. Dieses Formular ist international genormt und hilft die Intensität des Ereignisses genau festzulegen. Link: Erdbeben gefühlt? — Erdbeben in Bayern (erdbeben-in-bayern.de)
Betreiber tiefengeothermischer Anlagen müssen ausreichend gegen Bergschäden versichert sein. Die Betriebe in kommunaler Hand sind hier in der Regel über die kommunale Haftpflicht in unbegrenzter Höhe abgesichert.
Meldungen zu Gebäudeschäden
Im Falle eines meldungspflichtigen seismischen Ereignisses sind Schäden an Gebäuden zwar unwahrscheinlich, jedoch grundsätzlich nicht auszuschließen. Sollten Sie daher Gebäudeschäden im Zusammenhang mit einem gemeldeten seismischen Ereignis registriert haben, können Sie diese direkt an uns melden. Verwenden Sie hierzu bitte folgenden Kontakt:
Geothermie Unterschleißheim AG
Rathausplatz 1
85716 Unterschleißheim
Tel.: +49 89 31009 263
gtuag@ush.bayern.de